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Junge Anfänger und erfahrene Musikerinnen streichen gemeinsam die Saiten

In Lyss musizieren am Wochenende vom 18. und 19. November 2023 Enkel, Mütterund Grossmütter zusammen. Das «Konzert der Generationen» ist laut Dirigent Johannes Kofler «unglaublich inspirierend».

Text: Markus Dähler, Bilder: Dominik Rickli

Der zehnjährige Enea Carrisi und seine Grossmutter Béatrice Gilomen aus Lyss lernen zusammen Cello spielen. Die ehemalige Immobilienbewirtschafterin hat sich vor zwei Jahren, nach ihrer Pensionierung, dazu entschlossen. Enkel Enea liess sich von ihrer Begeisterung anstecken. «Jede zweite Woche besuche ich mit ihm die Musikstunde und auch zu Hause proben wir gelegentlich zusammen», beschreibt die Grossmutter ihre Umsetzung des Projektes. Gemeinsam fiebern sie nun ihrem ersten Auftritt vor grossen Publikum entgegen: Am Samstag und Sonntag führt Dirigent Johannes Kofler in der reformierten Kirche Lyss das einheimische Orchester und 25 weitere Mitspielende aus der regionalen Musikschule Lyss durch das dreiteilige «Konzert der Generationen». Das generationenübergreifende Musikschul-Tandem Enkel/Grossmutter ist eine der Perlen dieses Konzertes. 

Enea Carrisi und Grossmutter Beatrice Gilomen spielen zusammen mit Maelle Vogel am Kontrabass im "Konzert der Generationen" mit.

Feuertaufe von fünf jungen Solisten

Zur Eröffnung erleben fünf junge Solisten vor grossem Publikum ihre Feuertaufe, begleitet vom Orchester. Dann intonieren die Lysser in ihrer Stammbesetzung die vier Sätze der Sinfonia in D-Dur von Johannes Stamitz. Das Schlussbouquet bilden «Die Moldau» von Bedřich Smetana und «Geschichten aus dem Wienerwald» von Johann Strauss. 

Während zur Konzerteröffnung besonders talentierte junge Musikschülerinnen und -schüler brillieren, bieten die beiden Kompositionen zum Schluss rund 20 Musizierenden einen faszinierenden Einblick in das Zusammenspiel mit ihren Instrumenten im Klangbild des ganzen Orchesters. 

Insbesondere die zwölf Celli begeistern auch Dirigent Johannes Kofler: «Als Cellist ist es mir natürlich eine besondere Freude, ein so volles Bassregister zu dirigieren, welches im Übrigen auch durch Kontrabass, Fagott und Posaune unterstützt wird.» Das Projekt löse in ihm aber insgesamt grosse Begeisterung und Dankbarkeit aus: Zu sehen, wie sich Junge und Junggebliebene gegenseitig bereichern, sei unglaublich inspirierend.

In gemeinsamen Proben haben sich Stammorchester, Musikschülerinnen und Solisten seit Wochen auf den Auftritt vorbereitet.

Laut Musikschulleiter Christian Wili ist die Gelegenheit zum Mitspielen in diesem Rahmen für alle eine besondere Motivation und ein grosses Erlebnis. «In der Musikschule gibt es keine Altersbeschränkungen. Wir unterrichten Lernende zwischen acht und 75 Jahren, in 36 Angeboten, vom Akkordeon bis zur Violine, im Einzelunterricht und in Gruppen.» Die wiederkehrenden Projekte sind auch für die Musikschule ein Schaufenster zur Präsentation des musikalischen Schaffens.

Den Kontrabass zur Geltung bringen

Die Bassistin Maelle Vogel aus Biel ist eine der Schülerinnen. «Ich bin wegen Lehrer Witold Moniewski hier. Der Lehrer und Stimmführer Kontrabass im Tobs hilft mir, meinen Kontrabass im Konzert auch als Soloinstrument zur Geltung zu bringen», erzählt sie ohne sichtbaren Anflug von Nervosität, aber mit einem begeisterten Strahlen in den Augen. Die 17-jährige Schülerin wird das Programm mit dem «Allegro moderato» aus Vanhals Konzert für Kontrabass und Orchester eröffnen.

In den Proben hat auch Matthias Thomann als erstaunlich virtuoser Pianist  die Zuhörenden in den Bann gezogen. Aus Joseph Haydns Konzert für Klavier und Orchester spielt er das «Vivace».

Im ersten Teil mit den Solisten ist dann Samuel Jost mit dem «Allegro» aus Mozarts Konzert in B für Fagott und Orchester an der Reihe. Das Holzblasinstrument, vielen bekannt als «Grossvater» im musikalischen Märchen «Peter und der Wolf», setzt mit seiner sonoren Klangfarbe eine von vielen Facetten im reichen Programm. Zum Schluss sind Franziska Müller und Raphael Kamber mit ihren wohlklingenden und tragenden Solo-Stimmen an der Reihe. Ihr Duettino «Là ci darem la mano» aus Mozarts «Don Giovanni» begeistert in den Proben gleich wie die Aria «Vedrai carino» der Sopranistin.

Johannes Kofler dirigiert das Orchester Lyss mit vollem Bassregister und hoffnungsvollen Talenten als Solisten. 

Musizierende in ihren Ideen bestärken

«Die grosse Arbeit haben die hoffnungsvollen Talente in den intensiven Vorbereitungen mit ihren Lehrpersonen gemeistert. Meine Aufgabe ist es, sie jetzt gut mit dem Orchester zu koordinieren, sie in ihren Ideen zu bestärken», beschreibt Dirigent Kofler sein Wirken. Der Spagat im Zusammenspiel der Generationen bestehe auch darin, in den Proben mit passenden Bildern zu arbeiten: eine schwungvolle Passage, die bei Kindern vielleicht mit einer Velo- oder Trottinettfahrt beschrieben würde, sei bei Erwachsenen eher Kupplung und Gaspedal im Auto.

Eine der Jüngsten in der Stammbesetzung des Orchesters mit Konzertmeisterin Mirjam Burkhalter ist die Kindergärtnerin und dreifache Mutter Stefanie Hirschi. Selbst hat sie in ihrem musikalischen Elternhaus die Inspiration für die Geige gefunden. «Und in Projekten mit grossen Orchestern habe ich die Faszination für das Zusammenspiel damals als Mitglied des Berner Jugend-Sinfonie-Orchesters erlebt.» Als sie dann in der Region heimisch wurde, hat sie im Internet den Kontakt zum Orchester Lyss gefunden und spielt hier seit mehr als sieben Jahren im Geigenregister mit.

«Das Begleiten des Pianosolisten ist für mich im Konzert ein ganz besonderer Höhepunkt», beschreibt sie ihre Vorfreude. Dass jetzt auch eine langjährige Wegbegleiterin ihren Platz im Orchester gefunden habe und am Wochenende auch viele Freunde mit ihren Kindern im Publikum mitfiebern, sei zusätzlich eine wertvolle Bereicherung ihres Mitwirkens im «Konzert der Generationen».